Einleitung

Unter den Metropolen des frühen 20. Jahrhunderts zeichnete sich der Reformwohnungsbau in Berlin durch ein besonderes architektonisches Niveau, eine Fülle an experimentellen sozialen Wohnformen sowie ein hohes Bauvolumen aus. In großem Maßstab wurde auch für weniger wohlhabende Teile der Bevölkerung ein gesundheitlich-hygienisches und menschenfreundliches Wohnen ermöglicht – eine Demonstration demokratischen Bauens, wie sie erst wieder im Sozialen Wohnungsbau Deutschlands nach 1945 auflebte.

Für eine Siedlungspolitik in dem geplanten Umfang konnten die Erbauer der Berliner Gartenstadtanlagen und Großsiedlungen ihr Bauland in den bis dahin eher ländlich geprägten äußeren Bezirken Berlins finden. So entstanden entlang der Trassen des expandierenden Berliner Nahverkehrsnetzes die kurz vor dem Ersten Weltkrieg erbaute Gartenstadt Falkenberg (Alt-Glienicke) wie auch die späteren Komplexe Großsiedlung Britz (Neukölln), Weiße Stadt (Reinickendorf) und Siemensstadt (Charlottenburg und Spandau) auf dem Terrain ehemaliger Randgemeinden Berlins, die erst 1920 zusammen mit der Kernstadt zu Groß-Berlin vereinigt wurden. Lediglich die Siedlung am Schillerpark im Wedding und die Wohnstadt Carl Legien im Prenzlauer Berg liegen am Rand der Innenstadt auf bereits vor 1918 parzelliertem Baugelände. Inzwischen sind sie alle von der wachsenden Großstadt eingeholt worden und bilden Inseln  gut gestalteter, oft idyllischer Lebenswelten im großstädtischen Umfeld.

Alle der oben genannten sechs Siedlungen wurden daher 2007 gemeinsam zum UNESCO-Welterbe erklärt. Sie sind aus einem baugenossenschaftlichen und gemeinwirtschaftlichen Streben nach menschenwürdigen Wohnverhältnissen heraus entstanden und setzte internationale Maßstäbe. Auch zeigen alle Anlagen einen ganzheitlichen Siedlungsgrundriss, der das jeweilige wohnungsreformerische Leitbild abbildet. An die Stelle des geschlossenen, dicht bebauten Wohnblocks traten offene Wohnbaukonzepte für die Garten- und Großstadt, die einen radikalen Bruch mit dem Städtebau des 19. Jahrhunderts mit seinen Korridorstraßen und ausgesparten Plätzen bedeuteten.

Aufgrund Ihrer Größe und des prägnanten und sinnbildhaften Kernbaus darf die Hufeisensiedlung jedoch international als die Bekannteste der sechs Siedlungen der Berliner Moderne gelten.